Vor dem Schießen machte ich meine üblichen Entspannungsübungen, indem ich Arme und Beine bewusst losließ. Dann stand ich auf, ging in Schießposition, schloss kurz die Augen und konzentrierte mich auf meinen Herzschlag. "Mein Herz schlägt ruhig und gleichmäßig", suggerierte ich mir und sah als Maß die Bahnhofsuhr vor mir. Ich konnte fühlen, wie mein Herz sich mehr und mehr diesem Sekundentakt anglich und ruhiger wurde. Es blieb auch ruhig, als ich die Augen öffnete. Die Nervosität war gebannt und ich schoss jetzt auch in den ersten Serien recht gut.

Als ich darüber nachdachte, wunderte ich mich, denn auch das widersprach den Auffassungen der Medizin. Soweit mir bekannt war lehrte man dort, dass wir auf die unwillkürlichen Funktionen des Körpers keinen Einfluss haben, dass Atem, Herz, Kreislauf und Nerven völlig autonom vom Körper selbst gesteuert würden. Doch hier erlebte ich ganz ohne Zweifel, dass sich mein Herz beruhigen ließ, dass ich also durchaus bewusst Einfluss nehmen kann. Welche Folgen das insgesamt hat, ließ ich zunächst außer Acht, und versuchte voller Neugier auszumachen, wie weit sich das steigern lässt. Ich sah alles vorerst nur unter dem Aspekt, meine Leistung zu verbessern. Sehr bald bemerkte ich aber, dass das noch ganz andere Auswirkungen hatte, denn meine Selbstsicherheit wuchs erheblich. Mir war klar geworden, dass ich, wenn ich mich in diesem Maße selbst beeinflussen konnte, nicht mehr ohnmächtig meinem Körper ausgeliefert war. Ich konnte ihn beeinflussen, ich konnte etwas tun, ich war machtvoll.