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Beuys: "Jeder ist ein Künstler" im ursprünglichen Kontext.

Auszüge aus dem Buch Joseph Beuys. Das Kapital Raum 1970 - 77, von M. Kramer, Edition Staeck, Heidelberg

Um meine Gedankengänge aus dem Artikel "Beuys, Jeder ist ein Künstler, der große Irrtum" zu untermauern, hier das, was Beuys selbst dazu sagt. Wir meinten mit "Jeder ist ein Künstler", dass jeder malen, töpfern, bildhauern, musizieren oder in anderen etablierten Weisen kreativ sein soll. Das ist ein Irrtum, denn Beuys meint es ganz ähnlich dem, was ich herausgefunden habe und in meinen Büchern beschreibe:

Jeder Mensch gestaltet durch seine Gedanken, seine Worte, seine Gefühle und Emotionen, seine Einstellungen und seine Erwartungen.

Lassen wir daher Beuys selbst sprechen: Hier der Ausspruch von Beuys:

"Jeder ist ein Künstler" im ursprünglichen Kontext aus dem Buch "Das Kapital..."


Beuys beginnt außen mit dem Ergebnis und geht nach Innen zum Gedanken, indem er in einem Interview auf Seite 11 sagt:

"Dann sind da aber auch organische Formen da, die sich auf Sprache beziehen und wodurch der Begriff Skulptur nach innen verlagert wird. ...Die Sprache selbst mit diesen Sprachformen hat ja auch wieder eine Herkunft, womit der Begriff der Skulptur aufs Denken zurückverlagert wird, also etwas ganz Unsichtbares."


Zur Zeichnung "Kehlkopf" sagt er:

"Das ist das, was ich meine, die Zurückverlagerung der Idee der Skulptur auf 
das Sprechen und Denken."


Auf Seite 21 sagt Beuys auf die Frage, ob das eine politische Aktion sei:

"Und zum Beispiel "jeder Mensch ist ein Künstler" ist ja nichts anderes als das Entstehen einer neuen Kunstdisziplin, die jeder Mensch potentiell kann: nämlich am sozialen Leben gestaltend mitzuwirken.

Wenn ich sage "Jeder Mensch ist ein Künstler" wird ja nicht behauptet, jeder Mensch sei ein Maler, Bildhauer oder Musiker, also solche traditionellen, bereits existierenden Disziplinen..., sondern hier ist auch ein ganz anderes Feld angesprochen, nämlich die Partizipation aller an der Zukunft der Gesellschaft, der verschiedenen Bereiche,...

Also das ist insofern selbstverständlich eine, in Klammern, politische Aktion gewesen, weil es sich auf die Kernfrage unserer Gesellschaft bezieht, methodisch."


Meine Ergänzung dazu: Wir denken schon immer im inneren Selbstgespräch, haben Absichten, machen uns dazu Vorstellungen, haben bestimmte Erwartungen und gestalten damit schon immer unsere tägliche Realität. Es ist immer schon die unsichtbare Ebene, die von innen heraus wirkt und uns zu Handlungen befähigt. Hirnforscher haben gemessen, dass vom Frontlobus hinter der Stirn ausgehend Gehirnströme zum Bereich der Handlungsmotorik geleitet werden, von der aus die Handlung in Gang gesetzt wird. Wir handeln entsprechend unseres Denkens, unserer Vorstellungen und Erwartungen und nicht nur das. (Lesen Sie hierzu bitte mein gelbes Buch "Das Innen bestimmt das Außen", in dem in die dahinterliegenden Schwingungsfelder eingeführt wird.)

Im gleichen Sinne drückt es Beuys aus, indem er auf Seite 39 sagt:

"Aber da, wie wir vorhin festgestellt haben, nur noch diese Seite der menschlichen Aktivität, nämlich menschliche Kreativität und das menschliche Denken, das Fühlen und die Willensabsichten das bestehende System verändern können, ist es ganz logisch, dass es nur dieser Bereich sein kann, also die Kunst. Auf eine Formel gebracht: Kunst gleich Kreativität, das ist der Fähigkeitsbereich ..." .

Beuys versteht unter Kunst und Künstler hier etwas völlig anderes, als es bisher im Allgemeinen verstanden wird. Er meint mit dem Ausspruch "Jeder ist ein Künstler" nicht das Malen von Bildern, Töpfern oder sonstige im üblichen Sinne kreative Tätigkeiten, die der Einzelne ausüben soll. Er meint damit, so wie ich es in meinen Büchern aufzeige, das Gestalten aus dem Unsichtbaren. Er meint damit, das Erschaffen mit Gedanken, Vorstellungen und Gefühlen und damit die ganz bewusste Teilhabe an der äußeren Wirklichkeit durch die Anwendung der schöpferischen Kräfte.

Der Fähigkeitsbereich des einzelnen ist seine ihm innewohnende Kreativität, sein Talent, seine Begabung sein eigenes Leben zu gestalten, mitsamt seinem ganz speziellen Zugang zu Ideen, zu Eingebungen aus dem eigenen Inneren, aus dem Unsichtbaren. Beuys verschlüsselte seine Anschauung nur häufig, da er der Meinung war, dass jeder Mensch intuitiv weiß, um was es im Leben geht. Daher rührt das Unverständnis seinen Werken gegenüber.

Der "erweiterte Kunstbegriff".

Es ist hier eine andere Kunst angesprochen, eine erweiterte Sicht von Kunst. Damit wird auch deutlich, warum Beuys 1985 sagte:

"...hiermit trete ich aus der Kunst aus." Er verlässt den Rahmen der etablierten Kunst, und geht hinein in den "erweiterten Kunstbegriff". Auch dieser wird oft von Menschen ungenau ausgelegt, die selbst die Gestaltungsprinzipien noch nicht angewendet haben.

Die Vorstellung setzt Handlungsimpulse. Vielleicht meint Beuys das mit

Bildkopf - Bewegkopf.

Um diesen völlig anderen Ansatz einer Wirklichkeitsauffassung deutlich zu machen, sagte er am 1.11.1985:

"Der Fehler fängt schon an, wenn einer sich anschickt, Keilrahmen und Leinwand zu kaufen."

Er meinte ja etwas völlig anderes und wurde oft missverstanden. Seine Zeit war noch nicht reif. Letztlich konnte er sich aber nicht aus dem etablierten Kunstbetrieb heraushalten, denn er transportierte diese Erweiterung der Weltanschauung über das Medium der Kunst.

Eine neue Kunstdisziplin:

Beuys regt mit dem "erweiterten Kunstbegriff" an, eine neue Kunstdisziplin einzuführen. Es wäre verkehrt ihn in die Ecke von Religion zu stecken, denn es ist an der Zeit, diese Gestaltungskräfte aus dem religiösen Kontext herauszuholen.

Das ist nicht neu, wie die vielen Aphorismen aufzeigen, die ich in meine Bücher eingearbeitet habe. Viele Weisheitsbücher zeigen auf: Jeder Mensch konstruiert schon immer sein Leben, nur meistens unbewusst und häufig sehr unvollkommen. Es ist durch unsere modernen Zeiten in Vergessenheit geraten. Es ist unsere Unwissenheit, die die Welt so aussehen lässt, wie wir sie unbewusst erschaffen haben. Wir haben uns viel zu oft mit dem Fehler beschäftigt und haben immer nur das Unerwünschte aufgezeigt und tun es heute immer noch jeden Tag. Die Medien sind voll mit Gewalt, Unfällen, Krieg und Armut. Wir haben es unbewusst selbst gestaltet. Wir sollten endlich das Gegenteil tun und das in Existenz bringen, was wir stattdessen wollen.

Wichtig ist dabei, dass wir uns so super gut fühlen, als ob wir es schon hätten mit einem Gefühl der Dankbarkeit.

Beuys wurde damals kaum verstanden, doch es wird Zeit. Ein wahrer Künstler ist der Mensch erst, wenn er die schöpferischen Kräfte bewusst einsetzt, und ganz gezielt Einfluss nimmt auf die Gestaltung seines täglichen Lebens. In diesem Sinne ist die obige Aufforderung zu verstehen: "Jeder ist ein Künstler!"

 Machen auch Sie fortan täglich aufs Neue konstruktive Pinselstriche an Ihrer wünschenswerten Realität.

Wir haben lange genug versucht, immer nur das im Außen in Ordnung zu bringen, was wir von Innen heraus völlig unbewusst selbst in Existenz gebracht haben. Das ist sehr mühsam. Es ist Zeit für den "erweiterten Kunstbegriff". Nur von innen, aus jedem einzelnen heraus, ist die Welt zu verändern!

(Lesen Sie weiter dazu meine Ausführungen im Kapitel IV, "Mentale Kräfte aktivieren", oder online hier oben links ab Kapitel 47, Symbolik und der erweiterte Kunstbegriff).


 

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